Profil der Kindergottesdienstarbeit im Rheinland

Kindergottesdienst übt ein in eine “Kultur des Vertrauens”.

Unser gesellschaftliches Klima ist weit davon entfernt, kinderfreundlich zu sein. Das führt dazu, dass Kinder nur selten die Erfahrung machen, ein Segen für ihre Familie und für die Gesellschaft zu sein. Mit ihrer Spontaneität, ihren Fragen und Ansprüchen stören sie die zeitlich immer enger werdenden Abläufe der Erwachsenen, werden oft als Belastung empfunden, kosten Zeit, Geld und Nerven. Kinder sind in ihrer gesellschaftlichen Wertschätzung nur als Konsumenten gefragt; ökonomische Interessen dringen massiv in ihre Lebenswelt ein.

Im Kindergottesdienst machen Kinder eine Gegen-Erfahrung zu dieser Alltagswirklichkeit. Sie werden geschätzt und angenommen, erleben Räume der Geborgenheit, in denen sie sich frei entfalten können, gewinnen Gottvertrauen, Selbstvertrauen und Vertrauen in die Mitwelt.

Damit leistet der Kindergottesdienst einen unverzichtbaren Beitrag zu einer “Kultur des Aufwachsens” in unserer Gesellschaft.

Der Vorstand des Rheinischen Verbandes für Kindergottesdienst betrachtet dazu die folgenden Grund-Sätze als grundlegend für die Kindergottesdienstarbeit:

  1. Kinder brauchen Gottesdienst, der ihre Lebenswirklichkeit aufnimmt.

    Der Kindergottesdienst greift die Fragen der Kinder nach dem Leben auf. Vor Gott klagen sie ihr Leid, äußern sie ihre Bitten und Wünsche, feiern sie das Leben mit Leib und Seele.Der Kindergottesdienst ermöglicht Kindern, die Feier mitzugestalten, Ausdrucksformen in Gebet, Lied, Ritual (Liturgie) zu finden, die ihnen gemäß sind.

    Kinder erleben die seelsorgerliche Dimension des Gottesdienstes. Sie erfahren Gottes helfende und heilende Kraft für ihr Leben.

    Feier des Lebens geschieht in Liturgie und Verkündigung.

    Sie wird erlebt in der Nähe und der Gemeinschaft mit anderen Kindern und mit den Mitarbeitenden.

  2. Die Kinder entdecken (Selbst-) Vertrauen, weil Gott ihnen etwas zutraut. Der Kindergottesdienst bietet den Kindern einen verlässlichen Raum, um nach sich selbst und nach dem Leben zu fragen.

    In der Gemeinschaft von Kindern und Mitarbeitenden erfahren die Kinder Akzeptanz: Sie sind von Gott wertgeschätzt mit ihren Fähigkeiten, Möglichkeiten und Begrenzungen. Sie können zu sich selbst stehen. Sie können einander akzeptieren.

    Auf dieser Basis von Gottvertrauen, Selbstvertrauen und Menschenvertrauen können sie das Leben frei und verantwortungsbewusst gestalten.

  3. Die Kinder erleben durch biblische Geschichten den dreieinigen Gott als vertrauenswürdig.Die Geschichten werden so vermittelt, dass ihre Bedeutung für das Leben der Kinder erfahrbar wird.

    Die Kinder sollen biblische Geschichten kennen lernen und wieder erkennen können.

    Die Geschichten werden altersgemäß erzählt.

    Auch schwierige Geschichten werden erzählt, denn zum Leben gehören auch Zweifel, Ängste, Schmerz, Boshaftigkeit, Krisen. Ein nur “lieber” Gott wird nicht ernst genommen und ist nicht vertrauenswürdig.

  4. Der Kindergottesdienst vermittelt Werte, die jetzt und in Zukunft verantwortliche Entscheidungen im Alltag ermöglichen.

    Kinder hören biblische Geschichten als Orientierungshilfe.Sie lernen, in sich selbst und in jedem Menschen das Bild Gottes zu entdecken.

    Sie erfahren Gerechtigkeit als Gottes befreiendes Geschenk.

    Sie lernen, den aufrechten Gang einzuüben, dem Leid zu begegnen, der Gewalt zu widerstehen, das Leben zu bejahen.

    Sie lernen Lebenswichtiges für sich, für das Zusammenleben und für die Erhaltung der Welt.

  5. Kindergottesdienst lebt von den Mitarbeitenden. Mitarbeitende profitieren vom Kindergottesdienst.

    Die Mitarbeitenden planen den Kindergottesdienst, bereiten ihn vor und führen ihn durch.Sie erwerben theologische, kreative und soziale Kompetenz, vertiefen sie und bringen sie ein.

    Sie bekommen Verantwortung übertragen und übernehmen Verantwortung.
    Sie erfahren Bestätigung, Ermutigung und Dank.

    Die Mitarbeitenden erleben Gemeinschaft und Gemeinde im Mitarbeiterkreis.

    Sie kommen mit ihren Bedürfnissen und Erfahrungen vor.

    Sie werden kontinuierlich und kompetent begleitet.

    Sie bekommen Anregungen für die eigene Spiritualität.

  6. Lebendige Gemeinde braucht Kinder – Kinder brauchen lebendige Gemeinde.Gemeinde nimmt ihre Kinder als gleichberechtigt wahr, akzeptiert den Ausdruck ihres Glaubens und ihre Lebensformen als gleichwertig.

    Kinder erfahren die verschiedenen Gottesdienste der Gemeinde als lebenswichtig. Das setzt voraus, dass Kinder im Gottesdienst willkommen sind und dass Generationen übergreifende Gottesdienste gefeiert werden.

    Familie und Mitarbeitende begleiten die Kinder dabei.

    Kindergottesdienst ist Einladung zu familienfreundlicher Gemeindearbeit.

    Beschlossen:
    Vom Vorstand des Rheinischen Verbandes für Kindergottesdienst am 04.02.2001 Von der Landesversammlung der Synodalbeauftragten für Kindergottesdienst im Rheinland am 24.08.2001

    Herausforderungen

Auf dem Weg zur Verwirklichung dieser Grund-Sätze sieht der Vorstand vor allem die folgenden Herausforderungen:

Im Blick auf den Kindergottesdienst vor Ort:

  • Klärung, was zu den unaufgebbaren Kennzeichen von Kindergottesdienst gehört.
  • Vernetzung mit anderen Angeboten gemeindlicher oder übergemeindlicher Arbeit mit Kindern (etwa mit Kindergartengottesdiensten, Schulgottesdiensten, Kinderbibelwochen etc.).
  • Verknüpfung altersgemischter und altersspezifischer Formen von Kindergottesdienstarbeit.
  • Werbung für die Bedeutung des Sonntags als Ort für den Kindergottesdienst.
  • Ursachenforschung (Analyse) der sich verändernden bzw. schwindenden Akzeptanz von Angeboten in der Kindergottesdienstlandschaft.

Im Blick auf die den Kindergottesdienst unterstützende Arbeit in Arbeitsstelle, Verband und Landeskirche:

  • Profilierung und Verbreitung der Idee einer kinderfreundlichen Gemeindearbeit über den Kindergottesdienst hinaus.
  • Vernetzung des Kindergottesdienstes mit anderen Arbeitsfeldern: Jugendarbeit, Konfirmandenarbeit, etc.
  • Neubestimmung der Aufgaben von Synodalbeauftragten und Unterstützung der Beauftragten bei der Erfüllung dieser Aufgaben
  • Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit
  • Einbringung des Themas “Kinder” in die gesellschaftliche Diskussion (Lobbyarbeit).
  • Verbesserung der Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen der Kindergottesdienstarbeit.

Konkretionen – Aufgaben für die nächsten fünf Jahre
(mittelfristige Perspektive)

  1. Einrichtung eines “Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit” 

    Aufgaben: Rubrik in der Kirchenzeitung einrichten; Internet-Auftritt prüfen; Folder und Flyer erstellen (“KiGo – find ich gut”); Vorbereitungsmaterial erstellen zur Präsentation des Kindergottesdienstes auf Pfarrkonventen; Hilfen für GemeindepfarrerInnen erstellen, damit diese Werbung als Beziehungsarbeit, Kontaktpflege mit Vereinen, Schulen etc. intensivieren können; Ideenbörse/Arbeitshilfen für zielgruppenorientierte Kindergottesdienst-Sonntage (Großeltern-Enkel, Vereine, Kindergarten etc.)

  2.  Erstellung einer Diskussionsgrundlage mit Kriterien/unaufgebbaren Merkmalen von KindergottesdienstIm Unterschied zu nicht-gottesdienstlicher Arbeit mit Kindern und in Abgrenzung etwa zu Schulgottesdiensten u.a. müssen unaufgebbare Merkmale von Kindergottesdienst verabredet werden. Stichworte: Liturgische Feier und Verkündigung; gottesdienstlicher Raum; Wiedererkennbarkeit etc.
  3. Fragebogen zur Bestandsaufnahme der Altersstruktur der Kindergottesdienste und der Umgangsweise damit 
  4. Erarbeitung eines Konzepts für “kinderfreundliche Gemeindearbeit” Vorstellung des Konzepts auf kreis- bzw. landeskirchlicher Ebene
  5. Impulspapier “Kindergottesdienst” zur Berücksichtigung des Kindergottesdienstes bei der Erstellung einer Gemeindekonzeption, eines Gemeindeprofils 
  6. Werbung und Begleitung von Synodalbeauftragten

    Gesichtspunkte: Einrichtung eines Ausschusses, der einen Aufgabenkatalog und Arbeitshilfen für die Synodalbeauftragten erstellt; sofern sie nicht Mitglied der Kreissynode sind: beratende Stimme der Synodalbeauftragten einfordern; Kindergottesdienst als Gegenstand der Visitation etablieren; Hilfe bei der Verankerung der Kindergottesdienstarbeit in Gemeindekonzeptionen; Anstoss geben zur Vernetzung der Kindergottesdienstarbeit mit Schulreferaten, Synodalbeauftragten für Kindergarten, Jugendreferaten etc.; Initiierung theologischer Fortbildungen und Beratungsangebote für Erzieherinnen; Hilfe bei der Nutzung der “Kontaktstunde” für kindergottesdienstnahe Projekte.
  7. Diskussion des Kindergottesdienstprofils auf landeskirchlicher Ebene 

    Insbesondere: Kriterien für Kindergottesdienst; Umgang mit altersverschiedenen Kindergottesdienstgruppen; Beitrag des Kindergottesdienstes zur “kinderfreundlichen Gemeinde”

  8. Ausweitung im Bereich der Aus- und Weiterbildung 1.Entwicklung eines FeA-Kurses (“Fortbildung in den ersten Amtsjahren”) zur Leitung und Gestaltung von Mitarbeiterkreisen
    2.Erarbeitung und Etablierung einer “Kindergottesdienst-Woche” in der Predigerseminarsphase des Vikariates
    3.Entwicklung einer Kindergottesdienst-Mitarbeiter-Qualifikation (“Führerschein”) und Koordination mit dem Amt für Jugendarbeit 4.Erstellung eines Faltblattes mit Informationen zur Leitung und Gestaltung von Mitarbeiterkreisen
    5.Zusammenstellung einer Liste von BeraterInnen, die qualifiziert sind, die Perspektive des Kindergottesdienstes und das Konzept der “kinderfreundlichen Gemeinde” in den Gemeindekonzeptionsprozess der Landeskirche einzubringen

 Stand: 23.10.2001

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